Nils Bürger
Fotografie und Bumerang
Der Bumerangwerfer
Wie sicherlich vielen Menschen, begenete mir der Bumerang bereits in der Kindheit sehr früh.
Die Erinnerungen daran sind allerdings sehr blass. Ich weiß noch wie irgendwann einmal, ich muss wohl um 4-5 Jahre alt gewesen sein, Jemand aus meiner Verwandschaft einen Bumerang versteckte. Irgendwo in einer Garage oder einem Geräteraum auf dem Grundstück meines Großvaters. Es hieß Bumerangs waren verboten. Ob dem tatsächlich so war sei dahingestellt, es war bereits kurz vor der Wende der DDR zur BRD.
Ich kann mich nicht erinnern diesen Zweiflügler aus Holz je fliegen gesehen zu haben.


Zweiflügliger Plastik"bumerang" welcher nicht funktioniert und häufig der Grund für die Frustration beim Erstkontakt mit diesem wunderbaren Hobby ist.
Ich sollte circa viermal so alt werden bis mir der Bumerang erneut begegnete. Während meines ersten Studienjahres in Leipzig 2003 kaufte ich mir für 1Euro eine Plastikbanane wo zum Glück wenigstens das Wort Bumerang aufgeklebt war. Denn trotz sorgsamer Beachtung der eingeprägten Anleitung kam das Ding genauso wenig zurück wie der Euro, den ich zuvor sinnlos rausgeworfen hatte. Immerhin flog der Plastikzweiflügler nicht nur geradeaus. Seine Flugbahn war schwer vorherzusehen und somit gab es einige riskante Abstürze. Ich vertraute dem Wurfgeschoss jedoch und suchte den Fehler bei mir selbst. Damit war ich nicht allein, denn auch andere verzweifelten auf selbige Art und Weise. Nun gut, irgendwann hing er zum Glück auf einem Baum und wenn der Wind ihn nicht einem anderen Menschen vor die Füße wehte, welcher der Einladung des Aufdruckes folgte um später frustriert daran zu scheitern, dann hängt er da noch heute. Wahrscheinlicher ist aber, dass er weggeworfen wurde und nicht zurück kam.
Eine gewisse Anziehungskraft übte dieses gebogene Ding aber doch auf mich aus und so beschloss ich zwei weitere Euros rauszuwerfen und mir diesmal gleich einen Ersatzbumerang zu kaufen. An einem Männertag an irgendeinem See hab ich es immerhin geschafft eine 20m entfernte Bierflasche damit umzuwerfen. Neu begeistert warf ich weiter um einen der nächsten Würfe in einer Gruppe Motorradfahrer zu versenken. Die hatten ja zum Glück Helme auf. Leider waren ihre teuren Harleys weniger gut geschützt und so stellten sie mir nach. Wie es ausging weiß ich garnicht mehr, aber ich habe den zweiten Bumerang an dem Tage und auch an den folgenden nie wieder geworfen. Immerhin besitze ich Ihn noch und zeige inzwischen mahnend, dass man von solchen Sonderangeboten besser die Finger lassen sollte.

Nils Bürger beim Bau seines allerersten Rückkehrbumerangs (Halle, 2007)
Es vergingen erneut 5 Jahre und ich studierte inzwischen Sport und Biologie an der Martin-Luther Universität in Halle.
Da ich schon von Kindesbeinen an jede Sportart die sich mir darbot zumindest einmal ausprobierte, war ich neugierig auf ein falkultatives Angebot eines Prof. Frank Hofmann. Ich brauchte den Teilnahmeschein zwar eigentlich gar nicht, aber mein Interesse war geweckt. Im Kurs warfen wir zuerst in der Turnhalle mit von Frank selbst gebauten Holzbumerangs.
Wir lernten verschiedene Bumerangs kennen und einige der Wettkampfdisziplinen in abgespeckter Version. Später warfen wir auch draußen richtige Bumerangs auf der Ziegelwiese in Halle. Man merkte sofort nicht jeder Bumerang ist für jeden Werfer gleichermaßen geeignet. Logische Konsequenz war, man brauchte eigene Bumerangs.
Frank war sehr großzügig und so gab es kleine Turniere vor Weihnachten wo man sich einen Bumerang vom Gabentisch nehmen durfte. Aber um richtige Fortschritte zu machen brauchten die wenigen Werfer, welche nach Erhalt des Zertifikats noch immer motiviert waren, weitere eigene Bumerangs zum üben und trainieren. Frank sei Dank, hatten wir die Chance uns eigene Holzbumerangs nachzubauen.
Natürlich baute ich mir direkt das schnellste Modell nach, was wir ausprobiert hatten. Damit flammte meine Begeisterung neu auf.
Im Jahre 2008 nahm Frank mich und Lennart, einem weiteren Neuwerfer, mit zur Ü40-Deutschen Meisterschaft nach Bensheim bei Frankfurt. Dies war ein Turnier für die ältere Garde der Bumerangszene aber auch für Turnier-Neulinge.
Ich glaube rückblickend hat dieses freundliche Turnier dazu beigetragen, dass ich der Bumerang-Welt bis heute treu geblieben bin. Wir bauten unsere Zelte am Wurfplatz auf und es war bereits dunkel. Einer der älteren Werfer kam auf den Platz und warf einen riesigen Holzbumerang über den Platz, an den er zuvor Feuerwerkskörper befestigte. Und auch wenn der Platzwart darüber so garnicht begeistert war, so freute sich eben dieser Bumerangwerfer über den krachenden, leuchtenden Bumerang. Ich dachte mir so in genau diesem Moment. Wenn es in dem Alter noch solche verrückten Leute gibt in dieser Szene, dann will ich da gerne dabei sein und freu mich zusammen mit Ihnen älter zu werden.
Das Turnier war für uns übermotivierte Neulinge besonders lehrreich. Wir mussten feststellen, dass Erfahrung mehr gilt als Athletik. Außerdem konnte es hilfreich sein eine so große Auswahl an verschiedenen Bumerangs zu haben wie es die übrigen Werfer hatten. Ich bekam einen uralten Holzzweiflügler von Axel Heckner und David Hesse geschenkt und kaufte mir meine ersten beiden Holzplatten finnisches Birkensperrholz. Ich probierte Bumerangs aus, welche mir andere Werfer liehen und zeichnete mir deren Grundrisse ab um sie später nachzubauen. Auf diese Art kopierte ich mir einige Bumerangs von Frank oder von anderen Werfern, welche ihre Baupläne im Internet zur Verfügung stellten.
2009 fuhr ich zusammen mit Frank und Kevin nach Bremen zu meiner ersten deutschen Meisterschaft. Veranstalter war Fridolin Frost, den wir bis dato nur aus Erzählungen als einen der Überwerfer und Rekordweltmeister kannten.
Das war das schöne in dieser Sportart, man war gerade ambitionierter Neuling und hatte die Möglichkeit sich mit den weltbesten zu messen. Das Glück hat man nicht in vielen Sportarten. Ich konnte auch hier wieder jede Menge dazu lernen. Außerdem wurde Fair-Play unter Bumerang Werfern groß geschrieben. Ich bekam sehr oft mangels eigener Bumerangs von noch unbekannten Werfern Bumerangs geliehen zusammen mit gut gemeinten Tips. Besonders eine Szene ist mir in Erinnerung geblieben. Beim Langzeitflug, wo es darum geht mit einem einzigen Wurf eine möglichst lange Flugzeit zu erreichen, hatte ich gar keinen eigenen Bumerang bzw. nur einen sehr schlechten. Christian Meyer gab mir einen seiner alten Carbon-Bumerangs welchen er eigentlich sowieso nicht mehr warf. Das Risiko eines Verlustes war also vertretbar. Ich lieh ihm dafür meine Sonnenbrille, welche bei dieser Disziplin nicht unwichtig war. Ich setzte seine Hinweise direkt um und erreichte eine Flugzeit von 40,24 Sekunden. Na Hopla, damit war ich zu der Zeit auf Platz 1. Was war da passiert? Christian gab mir für die weiteren Würfe dann doch einen anderen Bumerang und versuchte es mit dem bereits ausrangierten weiter. Einen 46Sekunden Flug konnte er leider nicht fangen und auch ich rückte von den Spitzenwerfern um wenige Sekunden geschlagen immer weiter nach hinten bis auf den 7 Platz.
Aber immerhin, da schien was zu gehen. Fridolin Frost sein bester Bumerang flog gerade mal 2 Sekunden länger. Ich war erneut motiviert. Christian Meyer schenkte mir nach dem turnier meinen ersten Nylon-Trifly Bumerang welchen er schon grob bearbeitet hatte. Er erklärte mir was ich noch daran machen könne um einen guten verlässlichen Bumerang für das schnelle Fangen zu bekommen.
Fast Catch war meine Lieblingsdisziplin. Leider waren meine eigenen Bumerangs im Wettkampf oft zu kurz, d.h. sie erreichten nicht die 20m entfernte Kreismarkierung um damit gültige Zeiten zu erreichen. Aber nun hatte ich zumindest Einen, der dies problemlos schafft.
Ein Jahr später in 2010 fuhr ich, inzwischen allein mit Frank zum Ü40 Turnier nach Berlin. Frank musste das Turnier aber vorzeitig verlassen und so war ich nun auf mich allein gestellt. Auf den Ü40 Turnieren wird ausnahmslos mit zweiflügligen Holzbumerangs geworfen wie es früher normal war. Im schnellen Fangen gelang mir sogar der erste Platz. Natürlich inoffiziell, denn ich war ja noch lange nicht über 40. Aber immerhin warf ja auch Alex Opri mit, der zur Weltspitze gehörte und ebenfalls noch unter 40 Jahren war.
Generell hab ich mich in der Gesamtwertung von Turnier zu Turnier weiter nach vorn gekämpft. Nicht zuletzt wegen der vielen Bumerangs, welche ich gebaut habe um damit Erfahrung zu sammeln.
Im selben Jahr beendete ich mein 1. Staatsexamen als Sport- und Biolehrer. Meine Examensarbeit schrieb ich übrigens zum Thema:
"Der Bumerang im Sportunterricht - eine Herausforderung für fächerübergreifendes Arbeiten".
Nun hatte ich auf einen freien Referendariatsplatz zu warten. Also flog ich nach Australien um ein Jahr zu arbeiten und zu reisen. Im Gepäck ca. 7 Bumerangs und das Ziel mit Australiern Bumerangs zu werfen und vielleicht sogar auf irgend einem Turnier teilzunehmen. Nun ist es ja so, dass man in Australien noch weitaus mehr Bumerangs zu kaufen bekommt, welche nicht funktionieren, als es in Deutschland der Fall ist. Dies begründet sich dadurch, dass Touristen gerne zu billigen Bumerangs als scheinbar typisches Souvenir greifen.Einen guten Holz-Bumerang, der auch bei richtigem Wurf die Chance bietet zurück zu kehren, den kann man aber nicht als Massenware produzieren. Die Massen an Souvenir-Bumerangs werden überwiegend in China produziert und scheinbar typisch australisch betupft oder bemalt. Diese taugen dann auch meistens nur als Briefbeschwerer, Handschmeichler oder Wandbehang.

Eine Collage aus allen meinen Bumerangs, welche ich vor meiner Australienreise besaß. Anlass war ein Kreativwettbewerb, bei welchem die Landkarte Australiens kreativ dargestellt werden sollte.
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